Ausschnitt Siegel Promo Urkunde UHH
In eigener Sache

Endlich da, die Zweite! – Promotionsurkunde der Universität Hamburg

Nachdem im Winter meine Dissertation bei deGruyter erschienen ist, gibt es nun einen zweiten – überraschend zeitigen – Grund, sich zu freuen: Die Urkunde meiner Promotion ging mir zu. Die fühlt sich nicht nur wegen des wuchtigen roten Ledereinbandes gut an. So schnell, nachdem die Belegexemplare an die Staatsbibliothek Hamburg sowie die Prüferin und die Prüfer zugesendet wurden, hätte ich damit noch gar nicht gerechnet.

Promotionsurkunde UHH Nolden
Fast zehn Jahre nach dem Beginn meiner Dissertation fühlt sich die wuchtige Urkunde umso gewichtiger an. (Abb. eigenes Foto)

Damit endet ein fast zehnjähriger Prozess mit allerlei Höhen und Tiefen. Angefangen im Juni 2009 wandelte sich die Kernfrage mehrmals in wissenschaftlichen Sackgassen. Zunächst wollte ich mit den Mitteln digitaler Spiele und mithilfe von Online-Communities die Editionswissenschaft auf den Kopf stellen. Fachlich war ich damals intensiv im Spätmittelalter unterwegs. Damals entstand in einem DFG-Projekt die Quellenedition der Regesten zur Hamburger Threse im Staatsarchiv Hamburg. Mit vielen Problemen haderte ich bei der Dissertation über lange Zeit, insbesondere mit einem breiten didaktischen Schwerpunkt wegen der Aspekte, wie Geschichte vermittelt wird und wie Nutzerinnnen und Nutzer für die Forschung aktiviert werden könnten (Citizen Science). Von Haus aus kein Didaktiker spürte ich, dass darin nicht meine wirkliche Berufung lag. Frustriert befand ich mich mehrmals nahe davor, einfach aufzugeben.

Erst der Wechsel in die entstehende Public History in Hamburg verschob 2014 den Fokus in eine plausiblere und für mich befriedigendere Richtung. Zusammen mit den dortigen Kolleginnen und Kollegen trat ich in eine unfassbar förderliche, fruchtbare Beziehung – wir bauten ein GameLab und eine Spielesammlung (Ludothek) auf und erkundeten, was es bedeutet, digitale Spiele als Historiker zu erforschen und als didaktisches Vehikel in Seminaren einzusetzen. Parallel entstand durch die Zusammenarbeit mit vielen Kolleginnen und Kollegen das Feld der digitalen Spiele als originär geschichtswissenschaftliche Fachdisziplin, gekrönt durch die Zusammenarbeit im sehr erfolgreichen Arbeitskreis Geschichtswissenschaft und Digitale Spiele (AKGWDS).

Endlich wuchsen mein wissenschaftliches Kerninteresse mit dem entstehenden Arbeitsfeld, den nötigen Kolleginnen und Kollegen und ihrer Expertise, meinem seit 2009 gepflegten Blog „Keimling“ und dem bis dahin vorhandenen Text der Dissertation sinnvoll zusammen. Die gesamte Arbeit kam damals radikal auf den Prüfstand – zum Beispiel trennte ich mich von bald 100 fertigen Seiten didaktischer Ausarbeitung. Mit dem jetzigen Zuschnitt meiner Dissertation – so lange es auch gedauert hat – bin ich allerdings sehr zufrieden. Das entstandene Buch trägt die Fundamente einer historischen Game Studies zusammen, entwickelt Erkenntnisfelder und methodische Ansätze zu einem Arbeitsmodell und diskutiert zahlreiche digitale Spiele, deren Eigenarten die Geschichtswissenschaft noch nicht in den Blick nahm. Das Fallbeispiel The Secret World untersuche ich als Beispiel für ein Erinnerungskulturelles Wissenssystem, inklusive einer Unternehmens- und Produktgeschichte, verknüpfe es mit Spielerperspektiven und zeige die Erinnerungskultur der Community auf. Auch wenn ich das Buch jetzt in die Hand nehme, habe ich das gute Gefühl, dass es eine runde Sache geworden ist. Es lädt zum Einstieg über viele Abschnitte ein.

Promotion Nolden Urkunde Text
Welche Höhen und Tiefen der Dissertationsprozess abverlangte, wie viele Aktivitäten sie begleitend neben der Forschung und Schreibarbeit formten, sieht man einer Urkunde sicherlich nicht an. Dass sie es im Nachhinein wert waren, hingegen schon. (Abb. eigenes Foto)

In dieser bald zehnjährigen Geschichte – nimmt man den Prüfungsprozess zwischen der Abgabe der Dissertation im Januar 2018 und der Zustellung der Urkunde im Februar 2020 hinzu – schlummern es ein paar wertvolle Lehren: Die Suche nach einer wissenschaftlichen Fragestellung kann lange dauern – sehr lange. Ihre Dauer hängt auch von dem wissenschaftlichen Umfeld ab. Tiefpunkte der Ziellosigkeit lösen sich mit Hochphasen im Schreibmodus ab. Es gehört Mut dazu, ganze Pfade einer wissenschaftlichen Arbeit abzureißen, um ein Projekt neu aufzustellen. Eine so große Arbeit wie eine Dissertation lässt sich nicht ganz allein durchstehen. Bildet Netzwerke, die euch stützen und die ihr stützt. Folgt euren Interessen bei Vorträgen, Artikeln oder Öffentlichkeitsarbeit – mit haben sie auf den verschlungendsten Pfaden manchmal neue Chancen eröffnet, manchmal Jahre später. Das kann niemand voraussehen. Ihr reift mindestens genauso an eurer Arbeit, wie eure Arbeit an euch. Manches ist harte Arbeit, manches liegt an einem förderlichen Umfeld und manchmal hilft ein wenig Glück. Und wohl am Wichtigsten: Nur wenn ihr durchhaltet, fügt sich am Ende alles zusammen.

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