Virtuelle Realität

Was habe ich getan?

Seit geraumer Zeit verbreiten sich Lösungen mit Datenbrillen und Helmen, um mit den eigenen Körperbewegungen in digitale Welten einzutauchen. Waren es anfangs eher bestaunenswerte Erfahrungen in Rundansichten, kommen seit Kurzem Virtuelle Realitäten mit starken spielerischen Elementen hinzu. Seitdem dadurch das Handeln von Nutzerinnen und Nutzern größeres Gewicht erhält, werden diese Erfahrungen auch für historische Inszenierungen interessanter.

Digitale Spiele ermöglichten ihren Nutzern den Zugriff auf künstliche Räume. Virtuelle Realität transportiert nun die körperliche Erfahrung in diese Welten hinein. Nicht alles, was dabei technisch möglich ist, ist auch historisch sinnvoll. Gegenwärtig besteht eine Art Goldgräberstimmung, in der vieles realisiert wird, was historisch gemeint ist. Auf den Kenntnissen über digitale Spiele lässt sich dabei aufbauen.

In vielen Museen, Ausstellungen und Gedenkstätten wächst der Wunsch, BesucherInnen mit Virtuellen Erfahrungen Geschichte neu nahezubringen. In den vergangenen Jahren haben wir in der Public History zudem viel mit Museen und Ausstellern zusammengearbeitet und selbst Erfahrungen mit Ausstellungen aufgebaut. In VR sehe ich daher enorme Chancen, neuen Nutzerkreisen historische Themen schmackhaft zu machen.

In den vergangenen Jahren wurde ich immer wieder um Beratung zu Projekten mit Virtueller Realität gebeten. Oft handelte es sich leider nur um Versuche, eine irgendwie geartete Vergangenheit durch akribische Rekonstruktionen nachzubauen. Die Vergangenheit zu rekonstruieren, ist jedoch aus methodischen Gründen undenkbar. Oft speist sich diese Idee aus der Fixierung auf Objekte und Gebäude – so entsteht jedoch keine Geschichte, wie ich auch in Interviews zu Projekten in VR deutlich machte.

Was biete ich an?

Seit wenigen Jahren weht der Wind jedoch aus einer neuen Richtung. Akteure in der Branche beginnen zu verstehen, dass sie nicht recht überblicken, welche Anforderungen Geschichte als Inhalt an die technische Realisierung stellt. So entstanden in den letzten Jahren sehr aufwändige (und teure) Erfahrungen – bis hin zu Situationen als KZ-Häftling, die mit fragwürdigen Suggestionen überwältigen.

Wie ich es jahrelang bei digitalen Spielen vertrete, treibt mich jedoch nicht die moralische Frage an, ob VR solche Themen inszenieren darf. Jedes Medium besitzt gewisse Zwänge und kann daher Geschichte nur in bestimmter Weise darstellen. Vielmehr arbeite ich daran, mit welchen Mitteln diese Erfahrungen zu realisieren sind, damit sie historisch wertvoll werden. Das ist der Mehrwert, den mein Erfahrungsschatz bietet.

Was da momentan an geschichtlicher Inszenierung die Seh- und Nutzungsgewohnheiten prägt, will ich helfen, in methodisch sinnvolle Bahnen zu lenken. Deshalb engagiere ich mich verstärkt im Hamburger Branchennetzwerk NextReality, um von Technikern und Designern zu lernen und im Gegenzug ein Bewusstsein für historische Anwendungen zu schärfen. Zahlreiche Akteure aus dem Umfeld der Hochschulen und der Gameswirtschaft sind dort in der Tat alte Bekannte.

Die Branche tritt in eine entscheidende Phase für Standardisierungen, die ich mit meinem Sachverstand aus der Public History begleite. Hamburg ist – als einer der wichtigsten Standorte für VR weltweit – dafür prädestiniert. Ein großes touristisches Interesse an kulturellen VR-Erfahrungen geht damit einher.